Reisebericht Nord-Pakistan


Reisebericht über eine Rundreise durch Nord-Pakistan mit Besuchen in Chitral, den Kalasha-Tälern mit dem Joshi-Festival in Kafiristan, dem Shandur-Pass, Gilgit, dem Hunza-Tal, den Fairy Meadows und über die Karakorum-Hochstraße.

Fotogalerie Pakistan

Zurück nach Pakistan

Die Geschichte beginnt eigentlich im vergangenen März in Berlin. Auf der ITB-Messe traf ich wieder Mubarak. Bis zum 11. September habe ich jahrelang mit ihm zusammengearbeitet, um Reisen nach Pakistan zu organisieren. Oft bin ich damals selbst durch Pakistan gereist; es war nicht umsonst eines meiner Lieblingsziele. Nirgendwo sieht man die Berge schöner als im Norden Pakistans; die Ausblicke auf Rakaposhi vom Hunza-Tal, Wanderungen am Fuß des Nanga Parbat oder die Achttausender wie K2 und Gasherbrum in Baltistan. Wenige Bergstrecken sind schöner als die Karakorum-Hochstraße. Und dann die vielen Völker, die Pakistan beheimatet; fast jedes Tal hat seine eigene Kultur und Sprache. Dazu kommt die Gastfreundschaft der Menschen, so rau sie auch erscheinen, stets gibt es die Einladung, einen Tee zu trinken. Und nicht zu vergessen die endlosen Streifzüge durch die Basare von Peshawar, Rawalpindi und Lahore. All diese schönen Abenteuer fanden ein Ende mit dem Anschlag auf die Twin Towers. Nicht zum ersten Mal in seiner Geschichte wurde Pakistan wieder zum Schauplatz kleinerer und größerer Weltmächte, die ihre Probleme in den abgelegenen Tälern Pakistans austrugen. Der Tourismus kam damit weitgehend zum Erliegen.

In all den Jahren habe ich die Entwicklungen weiterhin verfolgt und den Kontakt zu Freunden in Pakistan gehalten. In Berlin saß ich wieder mit Mubarak zusammen und sprach über die Schönheit des Landes. Er erzählte mir, dass die Ruhe im Norden zurückgekehrt sei, dass man in weiten Teilen wieder sicher reisen könne, und es begann sofort zu kribbeln; ich musste zurück nach Pakistan.

So konnte ich gleich einen Traum verwirklichen; obwohl ich viele Ecken des Landes besucht habe, von Belutschistan bis Hunza, war ich noch nie in den Tälern der Kalasha gewesen. Höchste Zeit also, dieses Teil des einst so mythischen Kafiristan zu besuchen.

Von Dubai nach Islamabad.

Ich liege gerade entspannt an meinem Schwimmbad in Dubai. Ein kurzer Zwischenstopp auf dem Weg nach Pakistan. Nachdem ich am Morgen einige bekannte Sehenswürdigkeiten dieser doch ziemlich skurrilen Stadt besucht habe, beginnt die Hitze von 37 Grad zuzuschlagen und es wird Zeit, mich wieder in Reiseberichte über Kafiristan zu vertiefen. Dieses Land, bestehend aus einigen isolierten hochgelegenen, fruchtbaren Tälern an der Grenze zu dem, was heute Pakistan und Afghanistan ist, faszinierte bereits seit der Zeit des Great Game im 19. Jahrhundert viele Entdecker. Nur sehr wenigen gelang es tatsächlich, dorthin zu gelangen; tief verborgen lagen die Täler im Hindukusch. Wochenlang musste über Gebirgspässe gezogen werden, um den blonden Ungläubigen von Kafiristan gegenüberzustehen, denn das ist die Bedeutung von Kafiristan: 'Land der Ungläubigen'. Mitten unter konservativ-islamischen Bergvölkern gelang es den Bewohnern von Kafiristan, ihren eigenen 'heidnischen' Glauben zu bewahren. Die Menschen sind überwiegend blond und haben blaue oder grüne Augen. Grund genug zu vermuten, dass sie von den Truppen Alexanders des Großen abstammen, die im 3. Jahrhundert vor Christus durch diese Gebiete zogen auf dem Weg zur Eroberung Hindustans (Indien).

Ende des 19. Jahrhunderts hatte ein afghanischer Fürst genug von diesen eigenwilligen Ungläubigen, zog in die Täler ein, zwang alle zur Konversion zum Islam und bennannte das Land in 'Nuristan', 'Land des Lichts', um. Nicht viel später wurden Afghanistan und Pakistan getrennt und drei Täler lagen in Pakistan. In diesen Tälern schafften es die Bewohner, die Kalasha, ihren eigenen Glauben und ihre Kultur zu bewahren. Seitdem sind diese drei kleinen, abgelegenen Täler der letzte Ort der 'Ungläubigen' im Hindukusch. Dies zur oft großen Frustration der verschiedenen islamischen Herrscher Pakistans. Viele haben versucht, ihre jahrhundertealten Traditionen einzudämmen. Es wurde für die Kalasha immer schwieriger, ihre Kultur aufrechtzuerhalten, bis die ersten Reisenden und später mehr Touristen diese einzigartige Kultur entdeckten. Die prächtigen Täler von Rambur, Bumburer und Birir, die auffälligen Trachten der Frauen, die einzigartigen Traditionen und die bunten Feste. Allmählich entdeckten immer mehr Menschen das Dasein der Kalasha, wodurch auch die pakistanische Regierung ein größeres Interesse am Erhalt dieser einzigartigen Kultur entwickelte. Doch durch die Ereignisse rund um die Twin Towers blieben die Touristen aus, und die Täler zogen sich wieder in ihr Isolation zurück.

Islamabad - Chitral

Ich sitze am Flughafen von Islamabad und warte. Nachts angekommen, wollte ich eigentlich am Flughafen bleiben, bekam jedoch zu hören, dass der Flug nach Chitral drei Stunden später abheben würde, also suchte ich mir doch ein Hotelbett für ein paar Stunden. Am Flughafen sehe ich Mubarak, mit dem ich nach Chitral fliegen werde. Am 'Inlandsflughafen' sind sonst keine Ausländer zu sehen. Mubarak informiert mich über die Wahlen, die gerade vor drei Tagen stattgefunden haben. Für pakistanische Verhältnisse sind sie relativ ruhig verlaufen. Nawaz Sharif, der bereits früher Präsident war, hat die Wahlen gewonnen. Er ist bekannt als Geschäftsmann, und die Börsen in Pakistan schießen in die Höhe. Er ist ein konservativer Islamist, und man erwartet, dass er die Taliban in Schach halten kann. Man hofft auf eine bessere und stabilere Zukunft für das Land in den kommenden Jahren.

Während wir auf den Flug nach Chitral warten, wird dieser erneut verschoben. Das Flugzeug muss noch aus Kabul kommen, und die PIA hat viel zu wenig Maschinen (glaub 64, was für ein Land mit der Bevölkerungsgröße Pakistans sehr wenig ist). Obwohl Mubarak die Tickets bereits vor eineinhalb Monaten gekauft hat, erhielt er erst gestern Abend die Bestätigung. Viele Tickets wurden storniert, schließlich mussten noch Beamte mitfliegen, und in den letzten drei Tagen wurden die Flüge nach Chitral wegen des schlechten Wetters etc. abgesagt. Ein Kopfstein für Mubarak, aber wie bei allem in Pakistan kommt es darauf an, die richtigen Leute zu kennen, und er hatte noch einen Freund bei der PIA in Karachi, und letztendlich, kurz vor knapp, wurden die Tickets genehmigt. Doch jetzt der Flug noch, zum Glück eine Stunde Verspätung, aber dann geht es wirklich los. Drei Viertelstunden fliegen und manchmal ganz nah an den Bergen vorbei. Und dann stehen wir am Flughafen von Chitral. Sofort stehen wir Auge in Auge mit Tirich Mir, dem höchsten Gipfel des Hindu Kush und dem höchsten Nicht-Achttausender der Welt. Wunderschön! Wir fahren in die hektische Basar von Chitral, da die Genehmigungen für die Reise in die Kalasha-Täler organisiert werden müssen. Acht Männer im Polizeipräsidium heißen uns freundlich willkommen, alles wird registriert, und wir betrachten die Statistiken, die an der Wand hängen. Nach Nationalität wird erfasst, wie viele in den letzten Jahren in Chitral gewesen sind. Laut den Statistiken bin ich der dreizehnte Niederländer seit 2010. Der Polizeichef beschließt, uns eine Polizeieskorte mitzugeben, schließlich weiß man nie. Wir befinden uns ganz dicht bei Afghanistan, und den Gerüchten zufolge sind die Taliban in den Tälern von Nuristan und überqueren ab und zu die Pässe, um Ziegen von den Kalasha zu stehlen (obwohl andere behaupten, dass es keine Taliban sind, sondern 'gewöhnliche' Banditen). Auf jeden Fall, wer weiß, was die eventuell in der Nähe anwesenden Taliban mit den ungläubigen Kalasha und den neugierigen Touristen vorhaben. Die Region ist daher ein Hochsicherheitsgebiet, es wimmelt von Polizei, Militär und Spezialeinheiten, und wir bekommen einen etwas schüchternen Polizisten von etwa 18 Jahren zur Seite gestellt, um uns zu sichern. Ich schaue mich noch ein wenig auf dem Cricketfeld von Chitral um, das sich vor der charakteristischen Moschee mit ihren drei Kuppeln befindet, die wunderschön gegen die verschneite Spitze von Tirich Mir abstechen, und das Abenteuer beginnt; auf nach Kafiristan!

Joshi-Festival in Rambur

Sobald wir Chitral in unserem robusten, offenen amerikanischen Militärjeep Baujahr 1968 verlassen, freue ich mich erneut, in Pakistan zu sein. Wir wackeln über die schlechten Bergstraßen, aber was für Aussichten. Grüne Täler, in denen das Getreide hoch steht, lehmige Dörfer, wild strömende Flüsse und überall die schneebedeckten Gipfel des Hindu Kush. Nach drei Stunden wilder Fahrt über teils erschreckende Straßen, mit vielen Kontrollpunkten, erreichen wir Rambur, das erste und kleinste der Kalasha-Täler. Bald sehen wir die Kalasha-Frauen in ihren bunten Kleidern, grün, gelb, orange und alle üppig mit Stickereien verziert. Sobald wir im Dorf sind, gehen wir nach oben, wo das Joshi-Festival begonnen hat. Dieses jährliche Frühlingsfestival ist eines von vier Festen, die die Kalasha feiern, jedes Jahr zu einer anderen Jahreszeit. Während dieses Festivals wird gefeiert, dass man mit dem Vieh wieder hoch in die Berge zu den grünen Weidegründen ziehen kann. Das Festival beginnt in Rambur und dauert die ganze Nacht; am nächsten Tag beginnt es auch in Bumburer und ein paar Tage später in Birir. Auf einem hochgelegenen Plateau wird ausgelassen zu hypnotisierenden Trommelrhythmen getanzt, hauptsächlich von Mädchen und Frauen, und einigen Männern. Überall stehen Soldaten, um für die Sicherheit zu sorgen. Einige Ausländer und wohlhabendere Pakistani mit riesigen Kameras laufen herum, was die Kalasha frustriert, da sie ziemlich aufdringlich sind. Das gesamte Festival wirkt herrlich chaotisch, alles und jeder läuft durcheinander; Tänzer, Soldaten, Touristen und Fotografen. Die meisten Tänze beginnen spontan und enden ebenso spontan. Die Frauen singen dazu, die Männer trommeln auf großen Trommeln. Wir gehen noch ein Stück über das Dorf, wo die Dorfgötter stehen, und genießen die wunderschöne Aussicht über das Tal. Dann fahren wir weiter nach Bumburet, dem größten Kalasha-Tal, wo wir nach einem langen Tag gegen Abend ankommen.

Joshi-Festival in Bumburet

Es ist erneut wunderschönes Wetter am Morgen. Frische Bergluft, ein angenehmes Sonnenstrahlen, Zeit, das Tal zu erkunden. Wir gehen zum Dorf Anis, wo das Joshi-Festival bereits begonnen hat. Die neugeborenen Kinder erhalten Milch und es werden Walnüsse sowie getrocknete Maulbeeren verteilt. Dies dient der Reinigung. Dann kommen die Frauen mit ihren beeindruckenden Kopfbedeckungen nach unten, um bereits mit Tanzen und Singen zu beginnen. Das halten sie eine Stunde lang durch, bevor sie ins nächste Dorf Broun weiterziehen, wo die Menge wächst. Auch hier wird wieder getanzt und dann geht es gemeinsam weiter ins nächste Dorf, wo sich alle aus dem Tal für die großen Festlichkeiten versammeln, die am Nachmittag beginnen.

In der Zwischenzeit machen wir einen wunderschönen Spaziergang entlang der Bewässerungskanäle durch das grüne Tal. In der Ferne ist ein beeindruckender schneebedeckter Gebirgspass zu sehen, dahinter, nur wenige Kilometer von uns entfernt, liegt Nuristan. Werden wir dort auch jemals hinkommen? Wir möchten auf jeden Fall! Unser Guide erzählt uns, dass etwa 1500 Kalasha im Tal leben. Insgesamt sind es 5000 Menschen, der Rest sind Muslime. Ein Teil von ihnen sind islamische Kafirs aus Nuristan, die bereits vor Jahrzehnten Afghanistan verlassen haben und ethnisch also mit den Kalasha verwandt sind. Die Kafirs aus Nuristan waren schwarze Kafirs, die Kalasha sind die roten Kafirs. In den letzten Jahren sind auch viele Muslime aus dem restlichen Pakistan in dieses Tal gezogen, sodass die Kalasha nun in der Minderheit sind. Die Kalasha sind weitgehend selbstversorgend und leben von ihrer Landwirtschaft, Viehzucht und Obstgärten.

Wir besuchen einen Friedhof. Traditionell legen die Kalasha die Verstorbenen in offenen Särgen über der Erde. In vielen Särgen liegen zurzeit menschliche Skelette. Heutzutage werden die Särge oft unter die Erde gelegt, teilweise weil es jetzt mehr Werkzeuge gibt, um den oft tief gefrorenen Boden zu öffnen, teilweise vermutlich auch durch den Einfluss des Islam. Es wird kein Grabstein auf das Grab gesetzt, stattdessen das Bett des Verstorbenen.

Am Nachmittag kehren wir zum Festival zurück. Es ist dort deutlich geschäftiger als in Rambur. Auch hier gibt es viel Polizei, aber keine weiteren Ausländer. Wir verlieren uns für einige Stunden in den mitreißenden Rhythmen der Trommler und schauen gebannt den begeisterten Tänzen der Kalasha-Frauen zu. Es ist tatsächlich ein buntes Spektakel, und ich bin froh, einen Einblick in diese einzigartige Kultur in diesem isolierten Teil der Welt erhalten zu haben.

Über die Shandur-Pässe

Früh aufstehen, denn ein langer, vielversprechender Tag steht bevor. Während die Kalasha bereits mit den Vorbereitungen für einen weiteren Festtag beschäftigt sind, fahren wir das Tal von Bumburet hinunter. Noch einmal die erschreckende, in den Felsen gehauene Straße im frühen Morgenlicht, bis wir in Ayun ankommen und erneut Auge in Auge mit dem Massiv von Tirich Mir stehen. Dann geht es auf einer relativ guten Straße zurück nach Chitral, wo wir unseren Polizeibegleiter absetzen, und weiter über die Straße nach Gilgit. Eine atemberaubend schöne Straße durch das Hindukush-Gebirge. Überall schneebedeckte Gipfel, darunter graues, schwarzes und braunes Gestein, und entlang des Flusses grüne Täler, in denen Häuser zwischen den Pappeln stehen. Drei Stunden nach Chitral erreichen wir Mastuj, den letzten bedeutenden Ort, bevor wir die berühmten Shandur-Pässe überqueren. Erwarten Sie nicht zu viel von diesem Ort, viel mehr als eine staubige Straße mit einigen kleinen Geschäften ist es nicht, aber was für eine Umgebung. Die Bäume und Sträucher blühen und heben sich wunderschön von den grünen Wiesen, dem klarblauen Himmel und den schneebedeckten Gipfeln ab, darunter die Buni Zom (6550 Meter), der höchste Gipfel des östlichen Hindukush. Die Menschen sind freundlich, wir sehen wieder viele Mädchen und Frauen auf der Straße (im Gegensatz zu Chitral).

Hier leben liberale Ismaeliten, eine fortschrittliche Strömung innerhalb des Islam. Im Norden Pakistans, ähnlich wie im Wakhan-Korridor des nahegelegenen Tadschikistan, leben viele Ismaeliten. Sie werden häufig von ihrem wohlhabenden Führer, dem in der Schweiz lebenden Aga Khan, unterstützt, der mit seiner Aga Khan Stiftung überall Projekte ins Leben ruft, um diesen benachteiligten Gebieten zu helfen.


Nach einem guten Mittagessen in Mastuj fahren wir langsam hinauf auf die Shandur-Pässe (3800 Meter), eine Straße voller Superlative. Wir machen weiterhin Fotos von der Berglandschaft. Hier wird erneut deutlich, dass es für Liebhaber von rauen Berglandschaften nur wenige Länder gibt, die schöner sind als Pakistan. Oben auf dem Pass liegt eine große, grüne Wiese, ein wunderschöner Bergsee und natürlich das berühmte Polofeld.
Einmal im Jahr findet hier das Shandurpolo-Festival statt, bei dem die Polo-Teams von Gilgit und Chitral gegeneinander antreten. Ein wahres Spektakel, das Anfang Juli Tausende von Menschen anzieht. Die Polospieler beginnen einen Monat im Voraus mit den Vorbereitungen und reiten langsam mit ihren Pferden den Pass hinauf, um sich zu akklimatisieren. Auf der Chitral-Seite des Passes schlägt das Team von Chitral ihr Lager auf, die von Gilgit auf ihrer Seite des Passes. Der Rest ist für die Zuschauer, die überall ihre Zelte aufschlagen. Jetzt ist es jedoch ruhig, bis auf uns, einige umherlaufende Yaks und ein paar Schäfer ist niemand da. Wir gehen ein wenig herum und beginnen dann mit dem Abstieg. Nach ungefähr einer Stunde kommen wir an einigen Dörfern vorbei. Es ist spät am Nachmittag und die Dörfer sind überall lebendig geworden. Die Schafs- und Ziegenherden werden hereingeholt, die Jungen spielen Cricket, die Mädchen sitzen hockend und plaudern miteinander, und auch die Männer und Frauen des Dorfes tauschen Neuigkeiten über die Geschehnisse des Tages aus. Wir passieren erneut einen Polizeikontrollpunkt (an diesem Tag musste ich, glaube ich, 7 Mal meine Daten in ein schmuddeliges Heft eintragen; in dieser Hinsicht hat sich in den letzten 20 Jahren nichts geändert), und dann erreichen wir in der Dämmerung, elf Stunden nach dem Verlassen von Bumburet, Phander. Dieses kleine Dorf ist vor allem berühmt für seinen See, in dem man gut auf Forelle angeln kann, die einst von den Briten ausgesetzt wurde. Und genau das essen wir dann am Abend. Leider ist der Koch der bisher schlechteste, aber wir haben Hunger und essen gut!

In das Hunza-Tal

Ein weiterer Tag voller Superlative. Wir fahren von Phander durch die Ghizar-Region nach Gilgit, selbstverständlich durch eine wunderschöne Berglandschaft. Währenddessen informiert mich Mubarak über die pakistanische Politik und erzählt, dass der vorherige Präsident hier im Norden sehr beliebt war. Er kümmerte sich überall um neue Straßen, Brücken und Schulen. Auch bei den Kalasha war er beliebt. Doch seine anti-Taliban-Haltung kam bei dem konservativen Teil der Bevölkerung nicht gut an, und so musste er Platz machen.

In Gilgit angekommen, trinke ich einen Tee mit dem mittlerweile 86-jährigen Karim, den ich während früherer Reisen kennengelernt habe. Ein angesehener Mann in Gilgit und Hunza und ein Mann voller Geschichten. Nachdem wir uns ausgetauscht haben, fahren wir weiter über die Karakorum-Hochstraße, die legendäre Handelsroute zwischen China und Pakistan. Der Abschnitt ins Hunza-Tal wurde kürzlich renoviert, sodass man jetzt in zwei Stunden nach Hunza kommt. Nach etwa einer Stunde stehen wir Auge in Auge mit einem der beeindruckendsten Berggipfel, dem Rakaposhi. Wir essen zu Mittag am Fuß des Rakaposhi-Gletschers und fahren dann weiter durch eine Landschaft, die jede Kurve atemberaubender macht. Ein wild tosender Fluss, braune Felsen, grüne Täler und überall um uns herum die schneebedeckten Gipfel des Karakorum-Gebirges. Eine schönere Bergstraße kann es nicht geben.

Wir besuchen die alte Stadt Ganesh, die Geburtsstätte von Mubarak, der überall herzlich empfangen wird, und wir werden überall eingeladen, in die jahrhundertealten Häuser und Moscheen hineinzusehen. Von den Dächern bietet sich ein wunderschöner Blick auf die Spitze des Diram-Berges. Dann fahren wir schnell höher ins Hunza-Tal zum Eagle's Nest, um den Sonnenuntergang über einem der schönsten Panoramen der Welt zu erleben. Überall um uns herum schneebedeckte Berge, viele über 7000 Meter hoch. Langsam färbt sich der Golden Peak rosa durch die untergehende Sonne, wir trinken noch eine Tasse Tee, vermissen ein passendes Bier, aber ansonsten können wir den Tag nicht besser ausklingen lassen.

Fairy Meadows

Ich sitze bei einem Lagerfeuer auf 3300 Metern mit Blick auf einen der Berggiganten der Welt, Diamir, der Killerberg, also die 8126 Meter hohe Nanga Parbat, einen der 10 höchsten Berge der Welt (Pakistan beherbergt 5 Gipfel über 8000 Meter, 4 im Karakorum-Gebirge und diesen im westlichen Himalaya). Auf dem Weg hierher, einer Fahrt über die Karakorum-Hochstraße durch eine zunehmend trostlos werdende Landschaft, bis nur noch Gestein um uns herum war, passierten wir einen Punkt, an dem drei der größten Gebirgsketten der Welt aufeinandertreffen: die Karakorum, der Hindu Kush und der Himalaya. Durch diese strömt der Indus, der aus Baltistan hier mit dem Gilgit-Fluss zusammenfließt und weiter südwärts entlang der KKH fließt. In dieser trostlosen Mondlandschaft, wo nichts mehr wächst und die Temperaturen bis auf 35 Grad steigen, fahren wir weiter, bis wir die Raikot-Brücke erreichen. Hier steigen wir in einen lokalen Jeep um, lassen den Großteil unseres Gepäcks zurück und beginnen eine schwindelerregende Bergwanderung. Ich habe schon einige angsteinflößende Bergtouren erlebt, aber dies ist sicherlich eine der schlimmsten. Über einen schmalen Steinweg, der in einen kolossalen Felsen gehauen wurde, mit tiefen Abgründen steigen wir etwa 1300 Meter bis wir das Dorf Tato erreichen, nicht viel mehr als ein paar Häuschen und Schafhirtenhütten. Von hier müssen wir weiter zu den Fairy Meadows wandern. Vor uns die beeindruckende Schneewand von Nanga Parbat, die hier 7000 Meter über dem Indus aufragt! In zwei Stunden steigen wir fast 1000 Meter, eine steile Wanderung nach oben. Aber dann werden wir auch mit einem der schönsten Ausblicke Pakistans belohnt. Müde, aber zufrieden, geht es rechtzeitig ins Bett.

Am nächsten Morgen früh aufgestanden mit erneut einem fantastischen Ausblick. Wir frühstücken im Freien mit Blick auf Nanga Parbat. Danach wandern wir weiter zum Campingplatz Beyal, noch einige Hundert Meter Anstieg, aber ein relativ einfacher Weg durch die Wälder und entlang des Nanga Parbat-Gletschers. Wir schauen noch einmal auf den Killerberg (40 Bergsteiger haben während der Besteigung ihr Leben verloren) und beginnen dann mit dem Abstieg. Über eintausend Meter hinunter und mit schlotternden Knien erreichen wir Tattoo. Noch einmal die schwindelerregende Abfahrt und wir sind wieder bei der Karakorum-Hochstraße.

Die Karakorum-Hochstraße

Im Garten des Shangrila-Resorts in Chilas haben Sie einen wunderschönen Blick auf den Indus. Unterdessen fahren wir ein Stück durch eine trostlose Landschaft über die KKH. Mittlerweile gibt es Pläne, hier einen Damm zu bauen, wodurch dieses Hotel unter Wasser stehen würde. Aber vorerst muss erst das Geld hereinkommen, und Indien blockiert bisher die internationale Finanzierung. Die Pläne zur Verbesserung der KKH sind hingegen bereits fortgeschritten. Auf der anderen Seite des Flusses haben die Chinesen bereits begonnen, eine 'neue' Karakorum-Hochstraße zu bauen. Außerdem wird im Süden Pakistans ein neuer Hafen von China errichtet, sodass China eine neue Verbindung zu den Weltmeeren hat und eine immer stärker werdende Rolle im neuen Great Game spielt, das hier ausgetragen wird. Ein politisches Spiel, in dem der Geheimdienst (ISS) von Pakistan eine wichtige Rolle spielt, wobei sie oft mehrere Hüte tragen. Sie arbeiten mit den Vereinigten Staaten zusammen, haben aber auch gute Beziehungen zu Al-Qaida und den Taliban. Fast jeder geht davon aus, dass der ISS bekannt war, dass Osama Bin Laden in Abbotabad war. Ebenso wahrscheinlich haben sie mit der CIA zusammengearbeitet, um ihn festzunehmen.

Chilas hat ein ganz anderes Gesicht als das Hunza-Tal.

Fahren wir von Gilgit nach Süden, durchqueren wir Gebiete, in denen konservative sunnitische Muslime wohnen. Das war schon immer so, aber als ich auf das Straßenbild schaue, fällt mir auf, dass jetzt viel mehr Männer mit langen Bärten herumlaufen als vor 15 Jahren. Mubarak bestätigt meine Beobachtung und sagt, dass viele Gebiete viel konservativer geworden sind. Es gibt auch weiterhin viele Konflikte zwischen Schiiten und Sunniten. Letztere werden von Saudi-Arabien unterstützt, einem Land, das wiederum enge Beziehungen zu den Vereinigten Staaten hat, wodurch die USA indirekt die antiamerikanischen sentiments der konservativen Muslime schüren. Der Kreis des Great Game schließt sich wieder.


In dem schönen, aber leeren Hotel spreche ich noch kurz mit dem Besitzer. Überall sind wir die einzigen Ausländer (und meistens überhaupt die einzigen Gäste) im Hotel. Er bestätigt, dass die Tourismusindustrie völlig eingebrochen ist. Viele hoffen auf eine Besserung, nachdem es eine neue Regierung in Pakistan gibt, die hoffentlich Stabilität bringt, sowie auf die Tatsache, dass die USA sich im kommenden Jahr aus Afghanistan zurückziehen.


Am Morgen setzen wir die lange Fahrt über die KKH in einem Rutsch nach Islamabad fort. Eigentlich wollten wir von Gilgit fliegen, aber die Chancen auf eine Stornierung des Fluges sind so hoch, dass wir lieber fahren. Eine Fahrt, die letztendlich 16 Stunden dauern wird und uns durch das düstere Kohistan zu den grünen Hügeln der Chattar-Ebenen bis zur Grand Trunk Road bringt. Unterwegs werden wir etwa 10 Mal von der Polizei angehalten, die immer verspricht, eine Eskorte zum Schutz hinter uns herzuschicken, aber es bleibt bei mehr als nur Versprechen. So können wir immerhin so schnell wie möglich weiterfahren, soweit es die schöne, aber holprige Bergstraße zulässt. Einmal aus den Bergen heraus, wird die Straße besser, aber der Verkehr viel hektischer. Unterwegs trinken wir noch einen Tee in Abbotabad, der Stadt, die sich letztendlich als die letzte Zufluchtsstätte von Osama Bin Laden herausstellte. Er saß also nicht in einer Höhle in Afghanistan, nicht in den tief versteckten Tälern von Kohistan oder Waziristan, sondern hier im Hauptquartier des pakistanischen Militärs!


Nach Abbotabad fahren wir im Dunkeln auf die legendäre Grand Trunk Road. Der Verkehr wird immer chaotischer. Es scheint, als wären alle prächtig dekorierten Lastwagen Pakistans zum Leben erwacht und hätten sich auf der GT Road versammelt. Alle Dekorationen leuchten, blinken und funkeln überall in der Dunkelheit, Hupen überall, manchmal sind wir von diesen Lastwagen auf vier Seiten eingeschlossen. Es ist, wie wir konstatieren; Fahren in einem lebenden Museum auf der Highway to Hell.


Letztendlich erreichen wir das Chaos des Flughafens Islamabad, der auf der Liste der schlechtesten Flughäfen der Welt drastisch gestiegen ist. Hier zählt das Recht des Stärkeren und/oder die besten Verbindungen. Das Gepäck wird noch manuell kontrolliert, Schlangen kennt man hier nicht, einfach alle drücken sich durch und schauen, wer zuerst dran ist, während sie versuchen, andere Passagiere überall mit etwas Baksheesh loszuwerden. Was für ein Kontrast zum Flughafen in Dubai, wo ich dies gerade schreibe. Dort ist alles so effizient, dass man nicht mehr selbst nachdenken muss. Das ist dann wieder das andere Extrem.

Insgesamt hatte ich eine fantastische Reise durch ein Land, das absolut nicht als Reiseziel bekannt ist. Der Norden beherbergt jedoch eine der schönsten Berglandschaften der Welt. Die Region Gilgit-Baltistan ist sicher zu bereisen, trotz des Rufs des Landes. Andere Regionen wie die rund um Chitral und südlich von Gilgit über die KKH sind momentan ebenfalls sicher, haben jedoch ein etwas höheres Risiko aufgrund der Nähe zu Afghanistan und den Unruhen zwischen Sunniten und Schiiten. In letzter Zeit sind keine Vorfälle mit Touristen bekannt geworden, und alle hoffen, dass jetzt der Moment gekommen ist, in dem die Stabilität zurückkehrt und abenteuerlustige Reisende dieses besondere Land wieder entdecken werden.

Wim van Ginkel

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