Lucy Kilkens – April 2018
Fotogalerie Provinz Fujian - Ostchina
Während des Kalten Krieges bemerkten die Amerikaner merkwürdige Strukturen auf ihren Satellitenbildern von China. Was waren diese runden und quadratischen Formen, verborgen in den Tälern des Südostens Chinas? Könnte es sich um nukleare Basen handeln? Aufgrund des Mangels an einer beruhigenden Erklärung begannen sie, sich vor einem nuklearen Angriff des kommunistischen China zu fürchten. Also beschlossen die USA, eine Einheit von CIA-Agenten zur Inspektion zu schicken.
Stellen Sie sich vor, was diesen Agenten durch den Kopf ging, als sie ein solches 'Kernkraftwerk' betraten! Hühner laufen im Innenhof herum, die langen Wäscheleinen hängen voll mit frisch gewaschenen Unterhosen, Frauen sitzen auf kleinen Hockern und schneiden Gemüse, auf dem Boden liegen Teppiche voll mit Sonnen getrockneter Tee und Bambus, und kleine Kinder rennen spielend hintereinander um das Familienaltar herum. Nichts von Kernkraftwerken: In dieser Gegend wohnen die Hakka seit Hunderten von Jahren in runden oder quadratischen Gebäuden aus gestampftem Erdreich. Die tulous sind drei bis fünf Stockwerke hoch und bieten Platz für bis zu fünfzig Familien.
Eines der Dörfer, die ich im April 2018 besuche, ist das Dorf Shiqiao. Der Dorfplatz ist übersät mit Dutzenden glänzender Schalen: Gestern fand eine Beerdigung statt und das Geschirr vom gemeinsamen Abendessen ist gerade abgewaschen worden. Meine Guide Xie weist mich auf die schönen Mispelbäume rund um den Dorfplatz hin. Als sie hört, dass ich die Mispelfrucht überhaupt nicht kenne, schaut sie mich überrascht an und geht zu einer Gruppe von Männern, die im Schatten unter einem der Bäume ausruhen (ich denke, sie haben gerade das große Geschirr abgewaschen). Ich höre nicht, was sie sagt, aber die Männer stehen auf, nehmen die bereits bereitliegenden Stöcke vom Boden und beginnen zu dritt, die Mispeln aus dem Baum zu schlagen. Die Früchte fliegen mir um die Ohren. Ich halte meine Hände wie eine Schüssel hin und bald sind sie mit den orangefarbenen Kugeln gefüllt. Ich pelle eine, stecke sie in meinen Mund und mein ganzes Gesicht verzieht sich. Xie kann darüber lachen und sagt, dass unser Fahrer sie sehr gerne mag. Prima, ich nehme sie für ihn mit.
Wir gehen am Wasser entlang zurück zum Auto und passieren noch einige schöne Tulou, wie immer mit der Vorderseite zum Wasser und der Rückseite zu den Bergen. Während der Kulturrevolution (1966-1976) äußerten die Menschen ihre Loyalität zu Mao Zedong unter anderem durch kommunistische Propaganda-Aussprüche an den Häusern. ‚Lang lebe Vorsitzender Mao‘ entdecke ich auch hier in Shiqiao noch in stark verblassten, roten Zeichen über dem Eingang eines wunderschönen, quadratischen Tulou.
In den Tulou-Dörfern, die am nächsten bei Xiamen liegen, haben die Küchen im Erdgeschoss mittlerweile Platz gemacht für Souvenirläden. Doch je weiter Sie sich von Xiamen entfernen, eine schöne Fahrt durch die Hügel voller Teefelder, Bananenbäume und Bambuspflanzen, desto mehr Dörfer – wie Shiqiao – befinden sich noch in dem Zustand, in dem die amerikanischen Spione hierher kamen, um einen Blick darauf zu werfen.
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